Deutsche Mustertücher

 

In diesem Abschnitt soll auf die Detailunterschiede in der Entwicklung der Sampler und damit auch der Verwendung des Kreuzstichs in Samplern zwischen England und Deutschland eingegangen werden. Die generelle Linie der Entwicklung ist so ähnlich, dass von einer gemeinsamen Kultur des Stickens von Samplern gesprochen werden kann.

 

Wie oben schon erwähnt, steht am Beginn der erhaltenen deutschen Mustertücher eine Kreuzstichstickerei, die auf die 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts datiert wird.[1] Dieses Mustertuch ist eindeutig den Spot Samplern zuzuordnen: es sind verschiedene geometrische Muster, gestickt in Kreuzstich und  langarmigem Kreuzstich, zufällig angeordnet, meist nur mit jeweils einem Rapport. Ein Alphabet befindet sich ganz oben am Rand des Tuches und in der Mitte hat die Stickerin offensichtlich die Abkürzung „ihs“ für Iesus Hominum Salvator geübt, die sie dann unten rechts als Zentrum eines kleinen Musters verwendet, dessen Umrandung mit Buchstaben versehen ist. Daneben zeigt das Bild verschiedene Bildelemente mit einem christlichen Bezug: Christus am Kreuz, eine knieende Königin, vermutlich die Gottesmutter Maria, ein Kreuz mit den Folterwerkzeugen, die sozusagen in Kürze die Leidensgeschichte Christi – anfangend mit dem Verrat des Petrus – erzählen sowie zwei Darstellungen eines Pelikans, der sich mit dem Schnabel die eigene Brust öffnet, sein Blut auf seine toten Jungen tropfen lässt und sie so wieder ins Leben zurückholt – Symbol für den Opfertod Christi. Außerdem findet man noch die Darstellung zweier Gänse und die einer Frau, die ihre rechte Hand so erhoben hat, als würde sie etwas Dünnes, vielleicht einen Faden, zwischen Daumen und Zeigefinger halten. Beide Bildelemente sind mit Inschriften versehen, die ich jedoch nicht entziffern konnte. Die Darstellung der Kreuzigung, der Gottesmutter und der Folterwerkzeuge erklärt sich sicherlich aus der Tatsache, dass zur Zeit der Entstehung der christliche Glaube ohne Frage zum gedanklichen Konzept eines jeden Menschen gehörte; auch die Darstellung des Pelikans kann mit der christlichen Ikonographie erklärt werden[2]. Dass die Pelikandarstellungen, die Gänse und die nicht identifizierbare Frau mit „Bildunterschriften“ versehen sind, kann der Zeit der Renaissance zugeschrieben werden, in der man versuchte, Wissen mit Hilfe einer Stickerei zu merken und mit einer Bezeichnung zu versehen[3].

 


Stickmustertuch, Deutschland 1. Hälfte des 16. Jhs.
(https://collections.vam.ac.uk/item/O69791/sampler-unknown/)

Ausschnitt aus nebenstehendem Stickmustertuch,
Deutschland 1. Hälfte des 16. Jhs.: Pelikan mit seinen Jungen
 

Hinsichtlich der Motive und deren Ausführung scheint dieses Mustertuch am Anfang einer Tradition zu stehen. Das Motiv der Kreuzigung, der Folterwerkzeuge, das Lamm Gottes, Adam und Eva unter dem Apfelbaum und ähnliche religiöse Motive lassen sich bis zum 19. Jahrhundert auf deutschen Stickmustertüchern finden,  dazu Tierdarstellungen, die in der kirchlichen Erzähltradition symbolische Bedeutung haben. Sie kommen vor allem im evangelischen Norden Deutschlands vor, während im katholischen Süden eine Kreuzigung häufig im Mittelpunkt steht und auch Heilige und die Gottesmutter als Motiv dienen.[4] Die durchgehende, außerordentlich häufig vorkommende Verwendung christlicher Motive scheint bei den deutschen Stickmustertüchern Inschriften mit religiös-moralischem Inhalt überflüssig zu machen, zumal die Bedeutungen der vorkommenden Motive zu der Zeit allgemein bekannt waren und verstanden wurden[5]. Da fällt es schon auf, wenn 1752 auf einem Stickmustertuch „Gloria in excelsis deo“[6] und 1755 auf einem Tuch „Soli deo gloria“[7] eingestickt ist. Inschriften wie „Alles mit Gott“ gibt es dann erst wieder am Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts. Neben den christlichen Motiven findet man auf den deutschen Stickmustertüchern genauso wie auf den englischen „Blumen und Früchte allein und in Vasen und Körben, Zweige, Ranken und Bäume, Wappen und Wappentiere, Wildtiere wie Hirsche, Rehe, Hasen, Eichhörnchen, Störche und Krebse, und Haustiere wie Hunde, Katzen, Tauben, Pfauen, Papageien, Schafe, Ziegen und Gänse zusammen mit Hirte und Hirtin, Hähne […] Personifikationen für die Gerechtigkeit (justitia), die Hoffnung (Spes), den Frieden (Pax), die Milde (Clementia), das Glück (Fortuna) sowie das pflanzliche Wachstum (Ceres) […] Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden dazu die biedermeierlichen Zeichen der Freundschaft eingefügt, etwa Urnen, Altäre und Grabmonumente in parkähnlichen Gärten.“[8]

 


Stickmustertuch, 1697
Dieser Band Sampler zeigt eine Mischung von christlichen Motiven und Tiermotiven. Unten links ist das Lamm Gottes abgebildet, darüber
die Kreuzigungsszene, und rechts unten findet man den Kampf des
heiligen Georg mit dem Drachen. Einige der abgebildeten Tiere haben
symbolische Bedeutung: der Adler steht für Erneuerung und Taufe,
der Pfau für Unsterblichkeit und Auferstehung, das Einhorn steht für Christus, der Schwan steht für Reinheit u.v.m. Das Tuch ist in Kreuzstich und doppeltem Vorstich gearbeitet.
(
https://collection.cooperhewitt.org/objects/18564241/)

Stickmustertuch, 1790
Das Tuch weist religiöse und Alltagsmotive auf. Unter den in Reihen gearbeiteten Bordürenmotiven, den Alphabeten und Numeralen findet sich zentral im Bildteil dieses Band Samplers die Darstellung der Kreuzigung als Erlösung von der Erbsünde, die mit Adam und Eva unter dem Apfelbaum dargestellt wird. Diese Anordnung legt nahe, dass dieses Tuch in Süddeutschland gestickt wurde. Auch hier finden sich Tiermotive, die symbolischen Charakter haben: der Pfau, der Schwan, das Taubenpaar als Symbol von Liebe und Treue, der spinnende Affe als Symbol der Eitelkeit und der Bosheit, der Hund als Symbol der Treue u.v.m. Es ist auch ein Storch mit einem Baby im Schnabel abgebildet, weswegen man vermuten könnte, dass das Tuch anlässlich der Verlobung oder Hochzeit der mit Initialen gekennzeichneten ICB und DFD angefertigt worden sein könnte. Das Tuch ist in Kreuzstich und Stielstich gearbeitet.
(https://collection.cooperhewitt.org/objects/18616691/)
 

 Stickmustertuch im Bildformat, 1680
Neben Bordürenmustern, Alphabeten und Numeralen zeigt das Tuch
sehr viele florale Muster, reserviert aber auf der rechten Seite eine
Reihe für christliche Symbole. Links sieht man die Kreuzigungsszene
mit den arma Christi, und rechts ist die Darstellung des Himmlischen
Jerusalem als Endpunkt der Heilsgeschichte zu sehen.
Das Tuch ist in Kreuzstich, Augenstich und Holbeinstich gestickt.
(https://www.schlossmuseum.de/sammlungen/kaleidoskop/kaleidoskop-61-70/65-ein-stickmustertuch-von-1680/)

Stickmustertuch der Catharina Lüders, 1731
Zahllose Motive schmücken dieses ausnahmsweise mit einem Namen gekennzeichnete Tuch. Als religiöse Motive findet man die Kreuzigungsszene mit Maria und Johannes, die arma Christi, Adam und Eva unter dem Apfelbaum und die biblischen Kundschafter Josua und Chaleb mit der Traube. Als Allegorie auf die Tugend der Gerechtigkeit und der Hoffnung findet man eine Frauenfigur mit Waage und Schwert bzw. eine Frauenfigur mit Anker und Vogel. Windmühle, Wasserträgerin und Schiff lassen auf die Herkunft des Tuches aus Norddeutschland schließen. Am unteren Rand findet man ein sich an den Händen haltendes Paar mit der Inschrift "SO DO ICK BIE DIE", was vermutlich den Wunsch der Stickerin ausdrückt, bei dem Mann, den sie liebt, sein zu wollen. Dafür sprechen auch zahlreiche Symbole der Liebe und Treue. Soweit ersichtlich, ist das Tuch im Kreuzstich bestickt.
(Abb. in Andrea Madadi, Ausgezählt. Stickmustertücher in den Vierlanden. Bergedorfer Museumslandschaft (Hrsg.), Hamburg 2021, S. 62)
 

Stickmustertuch der M. Carolina, 1836
Das Stickmustertuch zeigt sowohl als Umrandung als auch innerhalb des Bildes die typische
detaillierte und naturgetreue Blumenstickerei des Biedermeier wie auch die weitverbreiteten
Motive von Monumenten bzw. Tempeln in parkähnlicher Landschaft. Ein Mädchen in trachten-
ähnlicher Kleidung ist in der ländlichen Idylle eines Dorfes zu sehen. Auffallend ist das unten
in der Mitte eingestickte Eiserne Kreuz mit den gekrönten Initialen FW und der Jahreszahl 1813.
Der preußische König Friedrich Wilhelm hatte das Eiserne Kreuz als Auszeichnung für
Verdienste in den Befreiungskriegen gegen Napoleon gestiftet; auf dem Stickmustertuch ist es
als politisches Symbol für den Wunsch nach nationaler Einheit zu sehen.
Das Tuch verwendet Plattstich, Stielstich, Knotenstich, Anlegetechnik und aufgestickte Perlen.
(
Sampler (Germany) | Objects | Collection of Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum

Stickmustertuch der Katharina Häusler, 1828
Mit den in Reihen angeordneten Alphabeten und dem Numeral werden hier
noch die für ein Mustertuch charakteristischen Bestandteile verwendet.
Der Bildteil enthält dann typisch biedermeierliche Elemente: Blumen, die
mit Efeu berankte Urne als Zeichen der Freundschaft sowie Darstellungen des Landlebens mit Dörfern und Jagd. Das Tuch ist in Kreuzstich gearbeitet.
(
Sampler (Germany) | Objects | Collection of Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum)
 

Die Entwicklung vom Spot Sampler hin zum sogenannten Band Sampler tritt in England früher und konsistenter auf als in Deutschland.  Deutsche Mustertücher des 17. Jahrhunderts sind anzahlmäßig weit geringer als englische, was durch die Zerstörungen und Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges bedingt sein mag.[9] Es zeigt sich, dass sich Band Sampler in Deutschland später durchsetzen. Die Anzahl der Band Sampler und der Sampler im Bildformat hält sich die Waage. Im 18. Jahrhundert überwiegen dann die Band Sampler, weichen aber seit dem 2. Drittel des 18. Jahrhunderts sehr schnell den Bildformaten. Die Entwicklung in Deutschland ist hinsichtlich der Form also verzögert  im Vergleich mit England.

 

Im Gegensatz zu den englischen Samplern sind die deutschen Stickmustertücher nur außerordentlich selten mit dem Namen der Stickerin versehen; vielmehr ist es in Deutschland üblich, Initialen und eine Jahresangabe, jedoch nie das Alter der Stickerin, einzusticken. So finden sich bis Ende des 18. Jahrhunderts nur sieben Stickmustertücher mit einem Namen[10].  Von daher ist es schwierig, eindeutig zu bestimmen, ob die Tücher von Erwachsenen, Jugendlichen oder Schulkindern angefertigt wurden. Allerdings gibt es - wenn auch nur geringe - Hinweise darauf, dass wie in England die Anfertigung von Mustertüchern Kenntnisse vermitteln sollte und zur Erziehung von Mädchen gehörte: Auf einem Stickmustertuch von 1723 ist eine Szene aus der Bibel dargestellt, die zeigt, wie die von Abraham schwangere Hagar vor der Frau Abrahams, Sara, flüchtet und ihr dabei an einem Brunnen ein Engel erscheint. Hagar wurde später Abrahams zweite Frau und gebar seinen ersten Sohn Ismael[11]. Der Darstellung der Figuren auf dem Mustertuch ist die „Bildunterschrift“ „Hagar“ bzw. „Ismael“ beigegeben. Die Figur des Engels befindet sich zwischen einem Baum und einem Zweig; sie ist mit „Der Fryling“ überschrieben.[12]  Die Bedeutung dieses Wortes ist nicht klar; man wäre versucht, darin eine frühere oder auch mundartliche Form des Wortes „Frühling“ zu erkennen, wenn  nicht dessen Vorform „Lenz“ wäre. Nimmt man an, es handele sich um eine alte mundartliche Form von „Frühling“, so könnte die Inschrift darauf bezogen werden, dass Ismael Stammvater eines zwölf Stämme umfassenden Verbandes nordarabischer Völker wurde und insofern – genauso wie der Frühling – einen Anfang bedeutete. Eine andere Möglichkeit ist, "Der Fryling" als Titel der gesamten Szene zu lesen. Dann könnte die Bedeutung sein, dass die Geschichte des Kindes Ismael erzählt wird, "Fryling" also "das Kind" bedeutet. Was auch immer die genaue Bedeutung des Wortes sein mag, so kann davon ausgegangen werden, dass sie den Menschen im 18. Jahrhundert klar war. Hier kommt es darauf an, dass die Bildunterschrift bzw. –überschrift dazu dient, deutlich zu machen, was bildlich dargestellt wird. Beginnend mit der Stickerin und endend mit Betrachtern wird auf diese Weise die biblische Geschichte vermittelt.

Diese Absicht, Wissen zu vermitteln, scheint auch bei einem Stickmustertuch aus dem Jahr 1755 vorzuliegen. Das Tuch mit vielen unterschiedlichen Motiven zeigt oben links eine weibliche Figur mit einer Krone. Sie hält in der einen Hand eine Waage und in der anderen einen Stab. Hinzugefügt ist die Bildunterschrift „Iustitia“, die eine eindeutige Interpretation der Figur ermöglicht. Im unteren Drittel des Tuches befindet sich die Darstellung eines an seiner Mähne erkennbaren männlichen Löwen, der gekrönt und somit als König der Tiere ausgewiesen ist. Die Darstellung ist mit „Der Löwe“ unterschrieben. Möglicherweise sollte hier das exotische Tier memoriert werden[13], denn alle anderen Tiere auf diesem Mustertuch sind einheimisch und daher sowohl der Stickerin als auch Betrachtern bekannt.

 


Stickmustertuch aus Sachsen, 1723,
gearbeitet in Kreuzstich und Plattstich
(
https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/1231899)
 

Einen Hinweis könnte auch ein Mustertuch aus dem Jahr 1763 geben, das neben zahlreichen religiösen und säkularen Bildmotiven als Hauptmotiv das Hauptgebäude der Franckeschen Stiftungen in Halle zeigt, in dem das 1701 gegründete Waisenhaus untergebracht war.[14] Es würde naheliegen anzunehmen, dass ein in diesem Waisenhaus lebendes Mädchen das Tuch gestickt hat, d.h. dass es ein Produkt des dort erteilten Handarbeitsunterrichts sei. Es gibt ein weiteres Stickmustertuch von 1789, das – so wird jedenfalls vermutet – das Hauptgebäude der Franckeschen Stiftungen zeigt. Allerdings weisen „zahlreiche Eigenheiten […] auf die Herkunft dieses Tuches aus einem herrschaftlichen Haus hin“[15], so dass es eher nicht anzunehmen ist, dass dieses Tuch im Handarbeitsunterricht des Waisenhauses von einer Schülerin gestickt wurde.

 


 Stickmustertuch, 1763
Zentral auf dem Tuch ist das Hauptgebäude der
Franckeschen Stiftungen in Halle/Saale abgebildet.
Zusätzlich findet man zahlreiche christliche Motive:
Kreuzigung mit arma Christi, Adam und Eva, Josua und Chaleb,
das Lamm Gottes und den Pelikan.
Das Tuch ist in Kreuzstich gearbeitet.
(
https://nat.museum-digital.de/object/3107)

Stickmustertuch mit dreifacher Datierung  1782, 1785 und 1789
Unterhalb der Alphabete und Numerale sieht man eine Reihe von Kronen, die
jeweils mit Initialen versehen sind, so dass anzunehmen ist, dass sie bestimmten
Adeligen zuzuordnen sind. Im bildlichen Teil finden sich der spinnende Affe, ein Korb mit Früchten und ein Storch als Symbole der Fruchtbarkeit, die Kreuzigungsszene umrahmt von Stühlen und Tisch, dem Krebs als Symbol der Auferstehung, Adam und Eva unter dem Baum der Erkenntnis sowie Josua und Chaleb. Der auffallende schlossartige Bau stellt vermutlich die Franckeschen Stiftungen in Halle dar.
Das Tuch ist in Kreuzstich gearbeitet.
(
https://nat.museum-digital.de/object/763090)
 

Auch andere Quellen geben keine eindeutige Auskunft, ob die deutschen Stickmustertücher im 17. und 18. Jahrhundert von Erwachsenen gestickt wurden oder im Zuge der Mädchenerziehung entstanden. So heißt es in  einem Nürnberger Haushaltsbuch von 1703, dass „das zarte Frauen-Zimmer und die jungen Mägdlein“[16] Stickmustertücher anfertigen. In  „Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon“ aus dem Jahr 1715 wird gesagt, dass  „Jungfern in der Nehe-Schule“ Mustertücher sticken.[17] In Zedlers Universal-Lexikon von 1739 ist jedoch nur von dem „Frauenzimmer“ die Rede, das Mustertücher anfertigt, wobei der angegebene Zweck des Sammelns von „Buchstaben, allerley Figuren, Muster und so fort nach denen gar unterschiedenen Arten derer Stiche, soviel deren nur im Nähen vorkommen können“[18] keinerlei Festlegung auf das Alter der Stickerinnen zulässt. Der Kupferstich von Daniel Chodowiecki aus dem Jahr 1774 zeigt junge Frauen bei Haushaltstätigkeiten, u.a. dem Nähen und Sticken, wobei die Spinn- und Sticktätigkeiten von den "Herrschaften" ausgeübt wurden, während die Wäschepflege von den Dienstmädchen wahrgenommen werden musste. Die deutlich früher zu datieren Titelbilder der Modelbücher zeigen ebenfalls junge Frauen, die sticken.[19]

 


Daniel Chodowiecki, Frauenarbeit. Illustration für Johann Bernhard Basedow, Elementarwerk, 1744
(https://collections.lacma.org/node/232007)
 

Aus den bildlichen Darstellungen der Titelbilder der Modelbücher geht hervor, dass im 16. und 17. Jahrhundert Frauen des Adels und des reichen Bürgertums stickten, und auf dem Land gehört das Verzieren von Gegenständen mit Stickereien in großen Haushalten zu den üblichen Tätigkeiten[20]. Es darf ohne weiteres angenommen werden, dass in diesen Schichten die Töchter frühzeitig verschiedene Handarbeiten, und dabei auch das Sticken, erlernten und dass sie dabei Mustertücher anfertigten. Diese waren nicht nur Mustervorräte, sondern auch Ausweise, dass die Erziehung der Töchter den Empfehlungen und Anweisungen der in die Modelbücher inkorporierten Tugendlehre gefolgt war und dass das Ergebnis „gehorsam[e], fleißig[e], keusch[e]“[21] und vor allem heiratsfähige junge Damen waren. Im 18. Jahrhundert änderte sich dann das Bild von der Frau und führte vor allem zu einer Ausdehnung der stickenden Kreise und zu einer Veränderung des Zwecks der Mustertücher. Zwar propagierten „noch in der ersten Hälfte des Jahrhunderts […] die Moralischen Wochenschriften das Bild der gelehrten Frau“[22] und schienen damit einen Abschied vom Sticken als Freizeitbeschäftigung zugunsten von Wissenserwerb und gelehrter Auseinandersetzung einzuläuten. Dieses neue aufklärerische Rollenverständnis wurde jedoch sehr schnell zugunsten der Auffassung von einer geschlechtsspezifischen Bestimmung der Frau aufgegeben: es seien göttlicher Wille, die Natur selbst und die Gesellschaft, die die Frau aus dem öffentlichen Leben ausschlössen und auf das Wirken im Haus beschränkten[23]. Gelehrsamkeit, so war die allgemeine Auffassung, führe nur zur Vernachlässigung der weiblichen Pflichten.

 


Johann Heinrich Ramberg, Die gelehrte Frau, 1802
Ramberg zeigt die weit verbreitete Auffassung von den Folgen, die
in einem Hauswesen eintreten, wenn die Hausfrau sich anderen als
hausfraulichen Aufgaben widmet.
(https://wwwu.uni-klu.ac.at/elechner/schulmuseum/wechselausstellung/wa01/wa01_04.htm)
 

Gleichzeitig mit diesem gedanklichen Konzept vollzog sich ein tatsächlicher gesellschaftlicher Wandel, der durch die absolutistische Herrschaft und das merkantilistische Wirtschaften hervorgerufen wurde:  die vielen kleinen Landesfürsten hatten einen hohen Bedarf an Einnahmen für Repräsentation, Heer und die Verwaltung, die sie ausbauen mussten, um ihre Herrschaft überall durchzusetzen. Zu diesem Zweck wurden Maßnahmen ergriffen, um die Wirtschaft des eigenen Landes zu stärken und somit die Einnahmen zu erhöhen. Die Nationalökonomie, die sich an dem Prinzip der Einnahmesteigerung orientierte, schlug sich in einer Veränderung des privaten Wirtschaftens nieder: es galt nicht mehr, die Produktion für den Eigenbedarf des Ganzen Hauses und einen vielleicht geringen Überschuss zu organisieren, sondern „das Gewinnstreben begann, sich gegen die christliche Haushaltung durchzusetzen“[24]. Die Produktion für den Markt nahm zu und es entwickelten sich neue Produktionsformen wie z.B. das Verlagswesen. Die marktwirtschaftliche Orientierung großer Güter und auch die Einführung neuer Methoden in der Landwirtschaft und auch neuer Produkte führte zu einer Professionalisierung und damit zur Auflösung des „Ganzen Hauses“.  Zur selben Zeit wuchs – vor allem in den Städten – die Beamtenschaft. Folge war eine Neustrukturierung der Familie, denn die Arbeit vollzog sich zunehmend außerhalb des Hauses. Damit entfiel die bisherige Stellung der Frau als Betriebsleiterin im Innern. Sowohl in den großen landwirtschaftlichen Betrieben wie in den Städten wurden die Frauen nun auf Haus und Familie reduziert, und zwar in der verengten Rolle als Hausfrau und Kindererzieherin. Ihre Aufgabe war es nun, dem in der Öffentlichkeit stehenden Mann ein harmonisches und liebevolles Zuhause zu bereiten, in dem er sich von den Mühen der Arbeit ohne Störung ausruhen konnte. Die Frau hingegen musste nun Tätigkeiten ausüben, die „vorher gegen Bezahlung ausgeführt worden waren (Stillen, Kochen, Kinderversorgung und –erziehung, Kleiderpflege und –herstellung, Einkaufen, Putzen etc.). […]Die Übernahme der häuslichen Arbeit wurde zunehmend mit der Liebe zu Ehemann und Kindern begründet und eingefordert. Dazu trug auch das bürgerliche Ideal der Liebesheirat bei, das mit der Aufklärung und Romantik populär wurde: Da vordergründig nicht mehr aus rein ökonomischen Gründen geheiratet wurde, war die Ehefrau dazu verpflichtet, die häusliche Arbeit ohne Erwartung einer Gegenleistung als ´Liebesdienst´ zu versehen.“[25] Für die bürgerlichen Frauen, insbesondere die der Beamten, kam die Aufgabe hinzu, die Familie nach außen hin zu repräsentieren[26] und soziale Kontakte zu knüpfen, also ein Netzwerk aufzubauen, das der Karriere des Mannes hilfreich sein konnte. Diese Orientierung nach oben führte auch dazu, dass es nach außen hin so aussehen musste, als ob die Frau nicht selbst arbeite, sondern die Muße habe, sich mit nicht notwendigen Tätigkeiten als Freizeitbeschäftigung die Zeit zu vertreiben. Diese Tätigkeiten waren Handarbeiten, allen voran das Sticken, weil es als eine verschönernde Tätigkeit am ehesten dem Idealbild der bürgerlichen Hausfrau entsprach. Im mittleren Bürgertum und im Kleinbürgertum reichte das Einkommen des Mannes oft bei weitem nicht aus, um der Ehefrau ein solches Leben zu ermöglichen.[27] Stickmustertücher, die in Deutschland ab der Mitte des 18. Jahrhunderts immer mehr Bildformat annahmen und auch die bildlichen Elemente in den Vordergrund stellten, waren bestens geeignet, an prominenter Stelle aufgehängt zu werden und die realen Lebensumstände der Familie zu verschleiern.   Gleichzeitig dienten sie als Beweis für die Tugenden, die von der bürgerlichen Hausfrau erwartet wurden: „Aufmerksamkeit, Ordnung, Reinlichkeit, Fleiß, Sparsamkeit“[28].

 


Daniel Chodowiecki, Die Familie, 1771
Chodowiecki stellt hier seine eigene Familie dar. Er sitzt am Fenster und geht seiner Arbeit nach,
während seine Frau sich mit dem um den Tisch versammelten Kindern beschäftigt.
(https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/daniel-chodowiecki-die-polonica#lg=2&slide=1)
 

Der Erwerb der Kenntnisse, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als die ersten verlässlichen haushaltstauglichen  Nähmaschinen auf den Markt kamen, erforderlich waren, um die gesamte Kleidung und die gesamte Haushaltswäsche selbst von Hand anzufertigen und ggf. auch zu kennzeichnen und/oder zu verschönern, erfolgte auf unterschiedliche Art und Weise. Die Reformation griff die bereits in der Renaissance entwickelte Idee der Notwendigkeit der Bildung auf und wandelte sie ab: Bildung diente jetzt nicht mehr dem Ziel der individuellen Entfaltung des Menschen, sondern sie hatte das Ziel, Kinder zu guten Christen zu erziehen.[29]  Ausdrücklich wurden dabei Mädchen einbezogen, denn auch sie sollten imstande sein, das Wort Gottes zu lesen. So forderte Luther die Stadtherren und die Landesfürsten auf, Schulen für beide Geschlechter zu errichten[30]. In den norddeutschen protestantischen Ländern und Städten entstanden „relativ geordnete[n] Schulverhältnisse[n]“[31], die in etlichen Ländern auf den Kirchenordnungen des Johann Bugenhagen beruhten. Sie sahen für jedes Kirchspiel eine Mädchenschule vor, für die von den Eltern ein Schulgeld zu entrichten war. Für arme Mädchen, deren Eltern das Schulgeld nicht bezahlen konnten, sollte die Armenkasse den Betrag übernehmen. Die Mädchen sollten lesen lernen, in Religion unterwiesen werden und christliche Gesänge lernen. Der Schulbesuch sollte täglich eine, höchstens zwei Stunden betragen. Alle anderen Fähigkeiten, die zur Haushaltsführung erforderlich waren, sollten sie zuhause erwerben. Ziel war es „nützliche, fröhliche, geschickte, freundliche, gehorsame, gottesfürchtige, nicht abergläubische und eigensinnige Hausmütter, die ihr Haus in Zucht regieren und die Kinder in Gehorsam, Ehr- und Gottesfurcht auferziehen“[32] heranzubilden. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass ein zweistufiges Schulsystem für Mädchen aufgebaut wurde: für die kleinen Mädchen gab es die sog. Dirnckens Schol, die verpflichtend war und der o.g. Elementarerziehung diente. Für die Mädchen zwischen 9 und 14 Jahren gab es die Jungfern Schol, deren Besuch nicht verpflichtend war, aber dringlich nahegelegt wurde. In dieser Schule wurde der Handarbeitsunterricht erteilt.[33]  Wie verbreitet diese Schulen tatsächlich waren, lasst sich schwer nachvollziehen, jedoch wird gesagt, dass „in den Städten […], auch in den wohlhabenden Landgebieten, den Vierlanden, dem Alten Land, der Wilstermarsch, der Probstei etwa, um nur Beispiele zu nennen, […] diese Schulen allemal vorhanden“[34]waren.

Es ergibt sich jedoch kein einheitliches Bild für das Gebiet des heutigen Deutschland oder auch des deutschsprachigen Raums, weil die Zersplitterung in eine Vielzahl von kleinen Territorien dies ausschloss. In der Literatur findet sich der Hinweis auf eine Schule für arme Mädchen im Kloster der Büßerinnen zu St. Hieronymus im Jahr 1569, in der die Mädchen in „Religion, Lesen, Schreiben sowie in Hand- und Haushaltsarbeiten unterrichtet“[35] wurden.  Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts bemühten sich auch Schulorden um die Erziehung und Bildung der Kinder. Bekannt ist der Ursulinenorden, der in der Regel eine kostenlose Elementarschule für arme Mädchen und eine Pensionsschule für die Töchter des Adels und des Bürgertums anbot.  Der Lehrplan der Ursulinen-Elementarschulen wies dieselben Fächer wie der der Büßerinnen des Hl. Hieronymus auf. So wurde z.B. 1684 eine solche Schule in Düsseldorf errichtet.[36] Ein sehr bekanntes Beispiel für Mädchenbildung sind die Franckeschen Stiftungen in Halle, die 1698 gegründet wurden. Neben anderen Schulformen gab es auch eine Elementarschule. 1710 legte Francke den Lehrplan für Mädchen fest, in dem Lesen, Schreiben und Religion einen prominenten Platz einnahmen. „Für die Maedgen ist auch darinn gesorgt, daß ihnen eigene Lehrerinnen im Nähen, Stricken und Sticken gehalten werden“[37]  Die Berühmtheit dieser Schule und ihr Konzept, das auf die individuellen Begabungen eines Kindes abstellte, trugen vor allem in den pietistischen Kreisen zu großer Bekanntheit bei, was zu dem Motiv des Waisenhauses auf den o.g. Stickmustertüchern geführt haben kann.

 

Bei allen Schulgründungen muss jedoch davon ausgegangen werden, dass ein großer Teil der Mädchen der Oberschicht nach wie vor zu Hause unterrichtet und auf ihre traditionelle Rolle als Ehefrau und Mutter vorbereitet wurde. Es gab zwar höhere Töchterschulen  wie zum Beispiel die 1652 gegründete Schule der Augustinerinnen „Beatae Mariae Virginis“ in Essen, aber wenn die Mädchen aus adligen oder wohlbetuchten Familien nicht durch Hauslehrer oder Gouvernanten zu Hause unterrichtet wurden, besuchten sie meist ein Mädchenpensionat. Dort wurden sie „befähigt […], als zukünftige Gattin eines wohlhabenden Mannes einem vornehmen Haushalt vorstehen zu können und einen Salon zu führen. Die Vorbereitung auf einen praktischen Beruf oder das Erwerbsleben war nicht vorgesehen. Im Handarbeitsunterricht erlernten sie die feinen Handarbeiten […]“[38]

 


Johann Michael Voltz, Häusliches Handarbeiten, 1823
(https://germanhistorydocs.ghi-dc.org/sub_image.cfm?image_id=298)
 

Seit den 1830er Jahren  änderten sich die Elemente der Stickmustertücher:  nunmehr erscheinen Ortsangaben und auch Inschriften wie „Zum Andenken an die Schulzeit“ oder auch „Andenken meiner Jugend“, und ab den 1850er Jahren wird die Angabe des Namens der Stickerin die Regel. Zur selben Zeit nimmt der Anteil von Stickmustertüchern mit einer großen Zahl von bildlichen Elementen ab zugunsten von sehr einfachen Mustertüchern, die nur noch ein oder mehrere Alphabete, die Zahlen von eins bis zehn und den Namen der Stickerin, gelegentlich auch verschiedene Kronen, aufweisen. Diese Veränderung ist der Ausdehnung der Schulpflicht und deren zunehmender Durchsetzung in den einzelnen Ländern zuzuschreiben. Die 1717 von König Friedrich Wilhelm I. von Preußen eingeführte  Allgemeine Schulpflicht und deren Konkretisierung durch Friedrichs II. Generalschulreglement für die Volksschulen 1763 stellte zwar einen Fortschritt dar, wurde aber in der Realität nicht immer durchgesetzt. 1794 regelte dann das Allgemeine Preußische Landrecht das Schulwesen:  Schulen wurden zu einer Angelegenheit des Staates und dessen Aufsicht unterstellt; allerdings war es den Eltern erlaubt, ihre Kinder auch zu Hause zu unterrichten und zu erziehen.[39] Inhaltlich gab es keine staatlichen Vorschriften, so dass weiterhin die Kirchen die Lehrpläne bestimmten. Die Niederlage Preußens in Jena und Auerstedt 1806 im Zuge der napoleonischen Kriege führte ab 1807 zu den sogenannten Preußischen Reformen, zu der auch eine Bildungsreform gehörte, die allerdings nur das Gymnasium betraf. Was die Elementarschulen betraf, so wird die Schulbesuchsquote „zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf 60 Prozent geschätzt, von 2,2 Millionen nach dem Gesetz schulpflichtigen Kindern besuchten nicht mehr als 1,3 Millionen eine Schule […] [Allerdings] betrug der durchschnittliche Schulbesuch in Preußen 1846 schon etwa 86 Prozent .“[40]  Zu den Unterrichtsfächern gehörte auch der Handarbeitsunterricht: 1817 und erneut 1830 in Preußen wurde das Fach Handarbeiten in den Unterricht einbezogen[41], „um die Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkten sich in verschiedenen Landesteilen  die Bemühungen um die obligatorische Einführung eines systematischen Handarbeitsunterrichts“[42] und „Vertreter von Industrieschulvereinen machten z. B. für Mecklenburg einen ganzen Katalog von Forderungen auf:  1. »Der Handarbeitsunterricht sollte an allen Schulen obligatorisch sein«; 2. der »Handarbeitsunterricht sollte Massenunterricht sein […] und stufenmäßig nach einem geordneten Plan fortschreiten«10. Parallel zu diesen formalen Forderungen nach Disziplinierung wurden durchaus auch inhaltliche Ansprüche der kreativen Vermittlung erhoben: »die rein mechanische Nacharbeit ist zu verwerfen – denn Handarbeit ist eine geistig durchdachte Arbeit, […] die Auswahl der Arbeiten sollten an der Brauchbarkeit fürs praktische Leben orientiert sein […]“[43].  Zusätzlich zu der Errichtung von Schulen in den Ländern Deutschlands war in einer Zeit des zunehmenden Pauperismus auch der Rückgriff auf die schon seit dem 17. Jahrhundert bestehende Tradition der Arbeitsschulen und die gegen Ende des 18. Jahrhunderts aufkommenden Industrieschulen  hilfreich, „in denen die Bedürftigen beschäftigt wurden und zugleich eine Arbeit erlernten, die ihnen eine Existenzgrundlage ermöglichen sollte“[44] Als Beispiel sei das Armenhaus in Göttingen genannt, das – 1818/19 modernisiert – das Ziel verfolgte, Freiwilligen Raum, Material und Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, damit sie handwerkliche Tätigkeiten ausüben konnten.[45] 

 


Stickmustertuch der Juliane Caroline Grohmann, 1832
Das Tuch wurde im Kreuzstich im Arbeitshaus für Freiwillige in Leipzig
angefertigt. In Arbeitshäusern wurden Arme und Waisenkinder und 
gelegentlich Freiwillige mit arbeitsmarkttauglichen Fähigkeiten ausgestattet.
(https://nat.museum-digital.de/object/929542)

Stickmustertuch der Marie Vogel, 1850
Die Inschrift "Bete - Arbeite", die den Namen der Stickerin einrahmt,
lässt vermuten, dass dieses Tuch in einer Schule angefertigt wurde, die
junge Mädchen gezielt auf einen Beruf vorbereitete. Das Tuch wurde im
Kreuzstich gestickt und verwendet bereits das für spätere Schultücher
typische Rot als Stickfarbe.
(https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/747164)
 

Stickmustertuch der Auguste Hoke, 1881
Das Tuch wurde in der Gewerbeschule Altona angefertigt. Es ist im
Kreuzstich gearbeitet.
(https://www.museen-sh.de/Objekt/DE-MUS-058811/lido/alt-e00025194)

Stickmustertuch, 1902
Das Tuch wurde von einer Schülerin der Industrieschule Gmünd
im Kreuzstich angefertigt. Die Quadrate am unteren Rand sind
Übungen im Stopfen und Flicken.
(
Stickmustertuch :: Schulmuseum im Klösterle :: museum-digital:deutschland)
 

Im Zuge des Kulturkampfes entfiel der kirchliche Einfluss auf die Inhalte des Schulunterrichts. Stattdessen nahm der Staat mit den „Allgemeinen Bestimmungen“ von 1872 Regelungen für die Unterrichtsfächer und deren Inhalte vor. Der Handarbeitsunterricht „sollte mindestens zwei Stunden pro Woche von einer dafür qualifizierten Handarbeitslehrerin erteilt werden. Der Lehrplan sah ausschließlich die so genannten ´Nutzarbeiten´ vor. Damit sollten später alle im Haushalt anfallenden Arbeiten ausgeführt werden können. Dazu gehörten das Strumpfstricken, Übungen am Zeichentuch (das Sticken) und Nähtuch (Ausführen verschiedener Nähte), das Nähen eines Frauenhemdes, Flicken und Stopfen (Ausbessern).“[46] Ziel war es, die Mädchen auf ihre spätere Rolle als Hausfrau vorzubereiten, so dass sie in der Lage waren, „die Textilien in den Familien so auszubessern, dass sie dem ´bürgerlichen Anspruch´ nach Ordnung und Sauberkeit entsprachen“.[47]

 

Für Mädchen der unteren sozialen Schichten stellte der Handarbeitsunterricht die Grundlage für die Arbeit dar: „. Viele arbeiteten als Näherinnen in gut gestellten Familien und in kleinen Gewerbebetrieben, nähten dort nach Auftrag, besserten aus, fertigten Aussteuern. Für Berlin wird die Zahl dieser Arbeitskräfte für das Jahr um 1885 auf cirka 103.000 Frauen angegeben.“[48] Dieser Zweck wird auch an den häufig auf den Mustertüchern zu findenden Kronen deutlich, denn die Fähigkeit, diese zu sticken, wurde benötigt, falls ein Mädchen in einem adligen Haushalt eine Anstellung fand[49]. Gleichzeitig diente der Handarbeitsunterricht der „Einübung bürgerlicher Tugenden wie Ordnung, Fleiß, Sparsamkeit, Geduld sowie Strebsamkeit und [trug] somit zur ´Erziehung zur Weiblichkeit`[50] bei. Die Lehrpläne – und hier besonders der Einfluss der Rosalie Schallenfeld, Leiterin einer Höheren Töchterschule in Berlin, die einen Lehrplan für den Handarbeitsunterricht erarbeitete und propagierte[51] - trugen dazu bei, dass die individuelle Gestaltung der Stickmustertücher verschwand. Stattdessen erhielten sie ein vereinheitlichtes Aussehen: „auf mäßig feinem Stramin [wurde] mit türkisch-rotem Garn […] Systematisch[…] auf den Kreuzstich hingearbeitet, am oberen Rand werden einfache gerade Stiche geübt, dann folgen schräge Stiche, die zum Kreuzstich hinführen, der nach dieser Übung erst zu Buchstaben verarbeitet wird. […] Als Ersatz für Blumenmotive werden zu Ende des Jahrhunderts häufiger den Buchstabenreihen kurze Sprüche angefügt – „Alles mit Gott so hats keine Not“, Sprüche, wie sie zu dieser Zeit für Überhandtücher und Wandschoner modisch werden.“[52] Der Handarbeitsunterricht wurde von Handarbeitslehrerinnen erteilt, die ab 1887 eine praktische und theoretische Prüfung bestehen mussten, um in den Staatsdienst übernommen zu werden.[53]

 


 Stickmustertuch, Dresden 1900
Dieses Stickmustertuch ist in seinem oberen Teil typisch für
die Schultücher ab 1872. Das zweite Alphabet und die
halb umlaufende Borte stellen schon eine fortgeschrittene
Arbeit dar. Der Spruch ist typisch für das Ende des 19./
Anfang 20. Jahrhunderts.

https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/748210




Ausschnitte aus der von meiner Handarbeitslehrerin in der Grundschule,
Frau Elisabeth Scharenberg, als Prüfungsstück angefertigten Tischdecke.
Frau Scharenberg stand 1960 kurz vor ihrer Pensionierung.
(eigenes Foto)
 

Einen weiteren Unterschied zwischen englischen und deutschen Stickmustertüchern, der für die Geschichte des Kreuzstichs bedeutsam ist, machen die Sticharten aus, die auf Samplern bzw. Stickmustertüchern verwendet werden. Bereits das schon erwähnte deutsche Stickmustertuch aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts verwendet überwiegend Kreuzstich, daneben in sehr viel geringerem Maße Flechtstich. Die wenigen erhaltenen Stickmustertücher des 17. Jahrhunderts sind überwiegend im einfachen Kreuzstich oder dessen Varianten (Montenegrinischer und Italienischer Kreuzstich) gestickt; es finden sich geringe Anteile von Rückstich, Vorstich, Stielstich und Plattstich. Ab dem 18. Jahrhundert ist dann der Kreuzstich die Stichart der Wahl auf den Stickmustertüchern. Andere Sticharten kommen so selten vor, dass sie kaum erwähnenswert sind; meist handelt es sich um Rückstiche bzw. Stielstiche zur Umrandung von Motiven. Damit setzt sich der Kreuzstich in Deutschland deutlich früher als in England als der Standardstich in der Stickerei durch.

 

Bergemann macht darauf aufmerksam, dass der Kreuzstich bereits im Mittelalter und der Renaissance bekannt war, jedoch selten angewendet wurde. Er habe aber „in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts […] mit dem Aufkommen der farbig ausgestickten Kanevasstickereien  rasch an Bedeutung“[54] gewonnen. Diese Entwicklung wurde vermutlich unterstützt durch das Aufkommen der Modelbücher, die ihre Muster als Zeichnungen auf einem Raster darstellten, was sie für die Kanevasstickereien besonders geeignet machte. Bereits 1703 wird in einem Nürnberger Haushaltsbuch der Kreuzstich besonders hervorgehoben und quasi als der Stich für Stickmustertücher genannt,   „weil das zarte kleinen Frauen-Zimmer und die jungen Maegdlein darinnen am allerersten pflegen angewiesen zu werden/und bey uns davon besondere Model-Tuecher zu machen“[55] . Die Popularität des Kreuzstichs ergibt sich auch aus der Angabe „ so machen man auch von diesen Stich groß und kleine Kissen/SpielBeutel/Kammfuter/und allerley Galanterien“[56]. Dass der Kreuzstich weithin etabliert war, zeigt der Eintrag in Covinus Frauenzimmer-Lexikon von 1715, in dem es unter dem Stichwort „Creutz-Nahd oder Creutz-Stich“ heißt: „Ist eine sonderbahre Art, die Nahmen, Jahrzahl, auch offters gantze Figuren in weisse Wäsche, durch eitel Creutz-Stiche, so über den Faden gezehlet werden, Creutz-weiß einzuziehen“ [57]und der Kreuzstich ausdrücklich als Sticktechnik für Stickmustertücher genannt wird: „worinnen (gemeint: im Modell-Tuch, d.Verf.) das Weibes-Volck die Creutz-Nahd an Buchstaben, Zahlen und allerhand Figuren entworffen, und welches denen Jungfern in der Nehe-Schule zur Vorschrifft vorgeleget wird.“[58] An dieser Einschätzung des Stellenwerts des Kreuzstichs ändert sich bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts nichts, wie aus Löfflers Anweisung zu Frauenzimmer-Arbeiten von 1826 hervorgeht. Dort heißt es, dass „unter dem bunten Genähe […] vordersamst der Kreuzstich zu bemerken [ist] […] der bey uns vorzüglich zur Verfertigung der sogenannten Modeltücher gebraucht [wird]“[59] Angesichts dieser Entwicklung ist es nicht verwunderlich, dass auch der Handarbeitsunterricht mit dem leicht zu erlernenden Kreuzstich begann und dann erst den schwierigeren Plattstich unterrichtete.[60]

 

Das Damen Conversations Lexikon von 1837 betrachtet den Kreuzstich bereits historisch, wenn dargestellt wird, dass er im Zuge der Tapisseriestickereien – gemeint sind wohl die großen Wandteppiche des 15. und 16. Jahrhunderts – häufig gebraucht wurde, dann aber zugunsten des petit point-Stiches in den Hintergrund rückte. In Abgrenzung von anderen Sticktechniken, die dann auch eher der Nadelmalerei zuzuordnen wären, urteilt das Lexikon, dass  „doch der petit point, oder auch der Kreuzstich, die Gunst der Mehrzahl, die nichts von Malerei versteht, was bei sämmtlichen, kunstreichern, freien Stickereien durchaus nöthig ist“[61] behielt. Die hier deutlich werdende Abwertung des Kreuzstichs als nicht künstlerisch ist offensichtlich im 19. Jahrhundert verbreitet, denn Falke bezeichnet ihn als „die bevorzugte Manier unserer Tage, ja heute von der Dilettantenhand fast allein geübt“[62]. Er sieht die Technik des Kreuzstichs als unvollkommen und „künstlerisch […] unangemessen, weil sie im Grund nur Karrikaturen hervorzubringen im Stande ist“[63]. Daher eigne sich der Kreuzstich „allein für Ornamente in geraden Linien, für geometrisch-musivische Muster“[64]. Kreuzstich erfordere nur „ein bischen Zählen, ein gutes Auge, eine sichere Hand – das ist alles. Es ist also nur eine Beschäftigung, ein Zeitvertreib übrig geblieben, aber keine Kunst.“[65]. Aus diesen Beurteilungen wird klar, dass die Entprofessionalisierung der Stickerei und die weite Verbreitung des Stickens in adligen und bürgerlichen Gesellschaftsschichten als Ursache für die Bevorzugung des Kreuzstichs und damit die Degradierung des Stickens als mit einem Mangel an  Ästhetik, Kreativität und künstlerischer Intention  behaftet gesehen wird. Diese Auffassung findet man – wenngleich nur in einem Satz eines umfangreicheren Artikels – auch in Brockhaus Konversations-Lexikon am Ende des 19. Jahrhunderts, wo es heißt, dass „zu Anfang unseres Jahrhunderts […] die Stickkunst einen tiefen Stand erreicht“[66] hatte und erst „dank der kunstgewerblichen Bewegung (gemeint: die arts and crafts-Bewegung, d. Verf.) seit den sechziger Jahren“[67] wieder an Qualität gewonnen habe, wozu auch die in Preußen, Sachsen und besonders in Österreich im Zuge dieser Bewegung entstandenen Kunststickereischulen einen wesentlichen Beitrag leisteten, indem sie „dem erwachsenen weiblichen Geschlecht eine rationelle Ausbildung in der Weiß- und Buntstickerei gewähren“[68].

 

Im Zuge reformpädagogischer Bestrebungen wurde um die Jahrhundertwende das Anfertigen von Stickmustertüchern aus dem Handarbeitsunterricht entfernt, da nunmehr das Sticken sich auf nützliche Gegenstände beschränken sollte[69]. Als Beispiel mag die Herstellung von Nadeltaschen oder Bestecktaschen dienen, die noch in den 1950er Jahren in den unteren Klassen der Volksschule (heute Grundschule) gestickt wurden. Die Reformpädagogik stellt hinsichtlich der Stickmustertücher das Ende einer Entwicklung dar, die sich bereits während des gesamten 19. Jahrhunderts langsam vollzogen hatte. Einen wesentlichen Anteil am Aussterben der Stickmustertücher hatte das Aufkommen von Stickmustervorlagen, die einzeln gekauft oder auch ausgeliehen werden konnten[70] und die aufgrund des geringen Preises den Zweck der Mustertücher obsolet machten. So heißt es in einem Damen Conversations Lexikon von 1846, dass das „Modelltuch, ehedem das unumgängliche Erforderniss, um junge Mädchen das sogenannte Buchstaben-Bezeichnen der Wäsche zu lehren […] in langweilige, Zeit und Seide verschwendende Spielerei aus[artete]“[71]  Einen weiteren Beitrag leistete die Erfindung der Stickmaschine, die seit den 1880er Jahren in großem Stil einsatzfähig wurde und die Handstickerei in vielen Bereichen ersetzte[72], so dass zusammen mit der Nähmaschine und der Strickmaschine eine zunehmende Mechanisierung bzw. Industrialisierung von Tätigkeiten stattfand, die bis dahin durch die häusliche Arbeit von Frauen erledigt wurden. Diese Entwicklung rief eine Gegenbewegung hervor, die die Würde der Arbeit und die Moral der Arbeiterschaft wiederherstellen wollte. Ausgehend von England verbreitete sich die Arts and Crafts-Bewegung auf dem Kontinent und in den USA. Sie betonte die dem Handwerk innewohnende Schönheit und Kreativität und idealisierte das Landleben der vorindustriellen Zeit als Beitrag zur Aufhebung der Entfremdung von der Arbeit und zur Hebung der gesellschaftlichen Moral. Das Sticken wurde nunmehr vornehmlich als eine Kunst begriffen, die das Selbstwertgefühl und die Autonomie der Stickerinnen stärkte. Die Zahl der stickenden Frauen nahm aufgrund der Popularität der Bewegung enorm zu, ohne dass allerdings die Qualität der Arbeiten immer gewährleistet war, so dass letztlich die breite Öffentlichkeit die Darstellungen ländlicher Idyllen und Szenen längst vergangener Zeiten als künstliche Nostalgie verurteilte.[73]

 

 

 



[1] https://collections.vam.ac.uk/item/O69791/sampler-unknown/ [abgerufen 23.1.2024]

[2] Vgl. https://de.wikisource.org/wiki/Christliche_Symbolik/Pelikan [abgerufen 29.1.2024]

[3] Vgl. das Kapitel über Mary Stuart und Bess of Hardwick

[4] Vgl. Gockerell, Nina: a.a.O., 16

[5] Eine sehr ausführliche und empfehlenswerte Darstellung von Motiven und ihren Bedeutungen enthalten: Madadi, Andrea: Ausgezählt: Stickmustertücher aus den Vierlanden, Bergedorfer Museumslandschaft (Hrsg.), Hamburg 2021 und Scott, Rebecca: Samplers, Oxford, 2009

[6] https://thue.museum-digital.de/singleimage?imagenr=1175 [abgerufen am 23.1.2024]

[7] Stickmustertücher aus dem Besitz des Altonaer Museums. Katalog zur Ausstellung 10. September bis 9. November 1975. Hrsg. von Altonaer Museum in Hamburg, Norddeutsches Landesmuseum, Hamburg 1975, Abb. 4

[8] Stickmustertücher aus dem Besitz des Altonaer Museums, a.a.O., S. 16

[9] Von den 12 gefundenen Mustertüchern des 17. Jahrhunderts stammen nur zwei aus der Zeit 1618-1648; alle anderen entstanden nach Kriegsende.

[10] 1618 Lucke Boten: https://collections.vam.ac.uk/item/O70238/sampler-boten-lucke/ [abgerufen am 23.1.2024]; 1680-1684 Hester Eilders https://global.museum-digital.org/object/1470352 [abgerufen am 23.1.2024] 1719 Sophia Elisabeth Heus In: Stickmustertücher aus dem Besitz des Altonaer Museums. Katalog zur Ausstellung 10. September bis 9. November 1975. Hrsg. von Altonaer Museum in Hamburg, Norddeutsches Landesmuseum, Hamburg 1975, Abb. 2 ; 1723 Ann Cathrina Seiler: https://collection.cooperhewitt.org/objects/18319501/ [abgerufen am 24.1.2024];  1731 Johanna Christina Fritzschen https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/822953 [abgerufen am 23.1.2024];  1769 Regina Maria Aurichen https://recherche.smb.museum/detail/539557/stickmustertuch [abgerufen am 23.1.2024]; 1775-1800 Gundel Wulff Hendrichs https://www.museen-nord.de/Object/DE-MUS-074615/lido/2005-130 [abgerufen am 23.1.2024]

[11] Bibel, Das Alte Testament, Gen. 16, 21, 25

[12] https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/1231899# [abgerufen am 23.1.2024]

[13] Vgl. die Ausführungen in Stickmustertücher aus dem Besitz des Altonaer Museums, a.a.O S. 14

[14] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Franckesche_Stiftungen [abgerufen 24.1.2024]

[15] https://nat.museum-digital.de/object/763090 [abgerufen am 24.1.2024]

[16] Nürnberger Haushaltsbuch, 1703 Zitiert nach Zischka, Ulrike: Stickmustertücher aus dem Museum für Deutsche Volkskunde, 3. Aufl. Berlin 1985, S. 9 f.: „Unter den bunten Genaehe moechten wir wohl den so genannten Creuztstich anfuehren/weil das zarte kleinen Frauen-Zimmer und die jungen Maegdlein darinnen am allersersten pflegen angewiesen zu werden/und bey uns davon besondere Model-Tuecher zu machen/worauf gemeiniglich das lateinische A.B.C. samt der JahrZahl/von bunter Seite Wechsel-Weiß/wie auch allerley Blumen und Laubwercke/Fruechte/Thierlein/Wappen und dergleichen/genehet zu sehen/ der Grund zu diesem Geneh/ist entweder Leinwat/oder ein haeren Tuch so in eine Ram gespannet wird/und hat dieses Geneh daher den Namen/weil die Stiche jedes Mal ueber einen Faden Creutzweiß gefuehret werden: mit obigen von den Creutzstich geneheten Buchstaben/pfleget man das weise Zeug zu bezeichnen/und die Nahmen derjenigen Personen/denen es zustaendig/damit zu bemercken/damit man ein Stueck von den anderen desto besser erkennen und unterscheiden moege/so machen man auch von diesen Stich groß und kleine Kissen/SpielBeutel/Kammfuter/und allerley Galanterien“

[17] Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715 (= https://diglib.hab.de/drucke/ae-12/start.htm [abgerufen am 11.11.2023]: „Modell-Tuch: Ist ein aus Beutel-Tuch zugeschnittenes Tüchlein, worinnen das Weibes-Volck die Creutz-Nahd an Buchstaben, Zahlen und allerhand Figuren entworffen, und welches denen Jungfern in der Nehe-Schule zur Vorschrifft vorgeleget wird.“

[18] Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universal Lexicon Aller Wissenschafften und Künste, Welche bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden, Bd. 21, Halle Leipzig 1739,

S. 715:  „Modell-Tuch wird bei der Nähterey von dem Frauenzimmer dasjenige Tuch genennet, worein sie Buchstaben, allerley Figuren, Muster und so fort nach denen gar unterschiedenen Arten derer Stiche, soviel deren nur im Nähen vorkommen können, sauber und mit bunder Seide zu nähen pflegen, die sie sich hernach bey vorkommender Bedürfniss zu einem Muster dienen lassen, wenn ihnen eine oder das andere davon etwa wieder aus dem Gedächtniss entfallen  wäre.“

[19] Siehe Seite Modelbücher

[20] Siehe Seite Kreuzstich in der frühen Neuzeit

[21] Valaouris, Michalis: Überwachen und Sticken, um 1670.- In: Irene Nierhaus, Kathrin Heinz (Hg.), Unbehaust Wohnen. Konflikthafte Räume in Kunst – Architektur – Visueller Kultur, Bielefeld: transcript Verlag 2020, S. 262

[22] Vahsen, Mechthilde: Wie alles begann – Frauen um 1800, Bonn 2008 (Bundeszentrale für politische Bildung) (= https://www.bpb.de/themen/gender-diversitaet/frauenbewegung/35252/wie-alles-begann-frauen-um-1800 [abgerufen am 2.11.2023]

[23] Vgl. Westhoff-Krummacher, Hildegard: Als die Frauen noch sanft und engelsgleich waren. Die Sicht der Frau in der Zeit der Aufklärung und des Biedermeier, Münster 1996 (Katalog der Ausstellung des Westfälischen Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte Münster und des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, S. 37

[24] Claudia Groß, Familie in der Darstellung der Hausväterliteratur, o.O., 2000 https://www.grin.com/document/102326  [abgerufen am 2.7.2023]

[25] Rulffes, Evke: Die Erfindung der Hausfrau. Geschichte einer Entwertung, 3. Aufl. Hamburg 2021; S. 12 f.

[26] Vgl. Rulffes, Evke: a.a.O., S. 28

[27] Vgl. Schnatmeyer, Susanne: Die Erfindung der weiblichen Handarbeiten = https://textilegeschichten.net/2016/03/08/die-erfindung-der-weiblichen-handarbeiten/ [abgerufen am 14.10.2023]

[28] Westhoff-Krummacher, Hildegard: a.a.O., S. 107

[29] Vgl. Schulwesen und Universität = https://www.vr-elibrary.de/doi/pdf/10.7767/boehlau.9783205127734.365 [abgerufen am 2.10.2023]

[30] Vgl. Die allerbesten Schulen – auch für die Maidlein. Eine kleine Kulturgeschichte der Mädchenbildung.- In: Monumente. Das Magazin Deutsche Stiftung Denkmalschutz 3 (2007) https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2007/3/die-allerbesten-schulen-auch-fuer-die-maidlein.php [abgerufen am 2.10.2023]

[31] Stickmustertücher aus dem Besitz des Altonaer Museums, a.a.O., S. 11

[32] Bugenhagen, Johann: Der Ehrbaren Stadt Hamburg christliche Ordnung zum Dienste des Evangeliums Christi, christlicher Liebe, Zucht und Einigkeit.- In: Hamburgische Kirchenordnung. Im Auftrage Eines Hochehrwüdigen Ministeriums übersetzt und herausgegeben von C. Mönckeberg, Prediger zu St. Nicolai, Hamburg 1861, S.  20

[33] Vgl. Stickmustertücher aus dem Besitz des Altonaer Museums, a.a.O., S. 11

[34] Stickmustertücher aus dem Besitz des Altonaer Museums, a.a.O., S. 12

[35] Schulwesen und Universität, a.a.O.

[36] Vgl. https://www.st-ursula-gymnasium.de/schulprofil/ueberunsereschule/schulgeschichte/index.html [abgerufen am 3.11.2023]

[37] Frankens Stiftungen. Eine Zeitschrift zum Besten vaterloser Kinder. Erster Band Ersten Bandes Drittes Stück. II. Kurze Nachricht von der anfänglichen und jetzigen Verfassung der Schulen des Waisenhauses, besonders der lateinischen Schule. Von der anfänglichen und jetzigen Verfassung der deutschen Schulen des Waisenhauses, Halle1792-1796,  S. 315

[38] DER BLAUE BRIEF. Mitteilungsblatt des Fördervereins des Schulmuseums Bergisch Gladbach e. V., Sonderausgabe zur Ausstellung: Der kratzige Unterschied – historische Handarbeiten von „Arm“ und „Reich“ 1850 – 1950, Nr. 12 (11/2019)  (=https://www.bergischgladbach.de/gl-schulmuseum-blauer-brief-12-ansicht.pdfx [abgerufen am 3.11.2023]

[39] Allgemeines Preußisches Landrecht. Zweyter Teil, Zwölfter Titel. Von niedern und höhern Schulen. §§ 1,2 7- In: https://opinioiuris.de/quelle/1623#Zwoelfter_Titel._Von_niedern_und_hoehern_Schulen [abgerufen 4.11.2023]

[40] Volkmar Wittmütz, Die preußische Elementarschule im 19. Jahrhundert, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2007 =  https://www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-1436 [abgerufen am 17.11.2023]

[41] Vgl. Neuland-Kitzerow, Dagmar: Das Sticken der Frauen und  Mädchen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwischen Disziplinierung und Kreativität.- In: Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Bd. 3, 1999/2000, S. 21

[42] Neuland-Kitzerow, Dagmar: a.a.O., S. 22

[43] Ebda.

[44] Grönwoldt, Ruth: Stickereien von der Vorzeit bis zur Gegenwart aus dem Besitz des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart und der Schlösser Ludwigsburg, Solitude und Monrepos, München 1993, S. 219

[45] Vgl. https://goettingensozial.wordpress.com/2013/01/16/das-armen-arbeitshaus/ [abgerufen am 5.11.2023]

[46] DER BLAUE BRIEF. Mitteilungsblatt des Fördervereins des Schulmuseums Bergisch Gladbach e. V., Sonderausgabe zur Ausstellung: Der kratzige Unterschied – historische Handarbeiten von „Arm“ und „Reich“ 1850 – 1950, Nr. 12 (11/2019)  (=https://www.bergischgladbach.de/gl-schulmuseum-blauer-brief-12-ansicht.pdfx [abgerufen am 3.11.2023]

[47] Neuland-Kitzerow, Dagmar: Das Sticken der Frauen und  Mädchen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwischen Disziplinierung und Kreativität.- In: Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Bd. 3, 1999/2000, S. 28

[48] Ebda.

[49] Gockerell, Nina: a.a.O., S. 33

[50] Heck, Brigitte/Fackler, Guido: .. Zwischen Schule und Fabrik. –Textile Frauenarbeit in Baden". Eine volkskundliche Sonderausstellung in Karlsruhe, Sigmaringen 1993 = https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/opus4-wuerzburg/frontdoor/deliver/index/docId/4198/file/Fackler_Schule_Fabrik.pdf

[51] Vgl. Madadi, Andrea: Ausgezählt. Stickmustertücher in den Vierlanden, Hamburg 2021, S. 65

[52] Zischka, Ulrike: a.a.O., S. 35 f.

[53] DER BLAUE BRIEF. Mitteilungsblatt des Fördervereins des Schulmuseums Bergisch Gladbach e. V., Sonderausgabe zur Ausstellung: Der kratzige Unterschied – historische Handarbeiten von „Arm“ und „Reich“ 1850 – 1950, Nr. 12 (11/2019)  (=https://www.bergischgladbach.de/gl-schulmuseum-blauer-brief-12-ansicht.pdfx [abgerufen am 3.11.2023]   

[54] Bergemann, Uta-Christiane: Europäische Stickereien 1250-1650, a.a.O., S. 295

[55] Nürnberger Haushaltsbuch, 1703 zitiert bei Zischka, a.a.O., S. 9

[56] Ebda.

[57] Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715, S. 394  https://diglib.hab.de/drucke/ae-12/start.htm

[58] Corvinus, Gottlieb Siegmund: a.a.O., S. 1275

[59] Löffler, Friederike Luise: Anweisung zu Frauenzimmer-Arbeiten, zur Behandlung von Haushaltungs-Sachen und zur Körper-Schönheitspflege. Nebst einer Anleitung zur Bereitung von Speisen und Getränken für Kranke, und zur Anwendung von Haus-Mitteln. Mit einem Anhange über die Diät der Wöchnerinnen, und über die Erziehung der Kinder in den ersten Lebens-Jahren,  Vierte durchaus verbesserte und vermehrte Auflage Stuttgart 1826, S. 5

[60] Vgl. Zischka, Ulrike: a.a.O., S. 34

[61] Damen Conversations Lexikon. Herausgegeben im Verein mit Gelehrten und Schriftstellerinnen von Carl Herlossohn, Band 9. [o.O.] 1837, S. 412-418

[62] Falke, Jacob: Geschichtlicher  Gang der Stickerei bis zu ihrem Verfall im Anfange des 16. Jahrhunderts.- In: Zeitschrift für Bildende Kunst, Hrsg. von Carl von Lützow, 4. Band, Leipzig 1869,  S. 234

[63] Ebda.

[64] Ebda.

[65] Falke, Jacob: Geschichtlicher Gang der Stickerei, a.a.O., S. 235

[66] Brockhaus´ Konversations-Lexikon, 14. Vollständig neubearbeitete Aufl., 15. Band, Leipzig 1895, S. 350

[67] Ebda.

[68] Brockhaus´ Konversations-Lexikon, 14. Vollständig neubearbeitete Aufl., 10. Band, Leiozig 1894, S. 808

[69] Zischka, Ulrike: a.a.O., S. 37

[70] Bergemann, Uta-Christiane: Europäische Stickereien 1650-1850, Krefeld 2006 (= Kataloge des Deutschen Texttilmuseums Krefeld Bd. 2), S. 28

[71] Damen Conversations Lexikon. Herausgegeben im Verein mit Gelehrten und Schriftstellerinnen von C. Herlossohn, Siebenter Band Majoran bis Ohrenzwang, Adorf 1846, Stichwort „Modelltuch“

[72] https://de.wikipedia.org/wiki/Stickmaschine

[73] Vgl. Rozsika Parker, The Subversive Stitch, 11. Aufl.  London, New York 2022, S. 178 ff.