Stickerei im Mittelalter: nach 900 n.
Chr. |
|||
|
|||
Um/nach 957 entstanden ist die sogenannte Kriegsfahne der Königin
Gerberga (913-968), einer Schwester Kaiser Ottos I.
Sie war in erster Ehe mit Herzog Giselbert von Lotharingen
verheiratet. Die Stickerei zeigt in der Mitte Christus mit einem
Kreuzstab. Zu seinen Füßen ist eine Gestalt abgebildet, die der
gestickte Text als „Ragenardus Comes“ bezeichnet. Eine genauere
Datierung der Stickerei ist abhängig von der Identifikation dieses
Ragenardus. Eine Deutung identifiziert ihn als den Neffen der Gerberga,
Graf Reginar III. (+973). Gerberga war in erster Ehe mit Herzog
Giselbert von Lotharingen verheiratet. Ab 955 versuchte ihr Neffe
Reginar die herzogliche Stellung in Lotharingen wiederzuerlangen,
wodurch er nicht nur den Bruder Kaiser Ottos I., Erzbischof Bruno von
Köln, der nach Giselberts Tod die Herzogswürde innehatte, gegen sich
aufbrachte,
sondern
auch den König Lothar von Frankreich, Sohn Gerbergas aus ihrer zweiten
Ehe mit Ludwig IV., König des Westfrankenreiches. Die kriegerische
Auseinandersetzung wurde von 955 bis 957 geführt, wobei Reginar eine
vernichtende Niederlage erlitt und 958 durch Otto I. nach Böhmen
verbannt wurde[i].
Folgt man dieser Deutung, so wäre die Stickerei zwischen 955 und 957
entstanden, da die Fahne als
Kriegsfahne während der kriegerischen Auseinandersetzung gedient
hätte. Eine rückblickende Dokumentation des Sieges, wie Böse für möglich
hält[ii],
scheint eher unwahrscheinlich, da der zu Füßen Christi kniende Reginar
noch mit seinem Schwert bekleidet dargestellt wird. Da er das Schwert
nach seiner Niederlage hätte ablegen müssen, könnte die Fahne als um 956
entstanden datiert werden, als sich Reginars Position in der
Auseinandersetzung bereits verschlechtert hatte, so dass die
Unterwerfungshaltung seine drohende Niederlage zeigen könnte und die
Fahne seine Gegner zu verstärken Anstrengungen motivieren sollte. |
|||
Genau die Darstellung des sich Christus unterwerfenden Grafen
mit Schwert ist es, die Fraser McNair zu einer anderen
Identifikation und damit Deutung der Fahne veranlasst. Er hält den
Grafen für Ragenold (Rainald) de Roucy, der in den späten 950er Jahren
gemeinsam mit Gerberga und Bruno von Köln in militärische Expeditionen
nach Burgund unternahm. Gestützt durch die Worte des Psalms 144, die auf
den Rand der Fahne gestickt sind, geht McNair davon aus, dass die Fahne
den erfolgreichen Krieger Ragenold darstellt, der sie als Geschenk
erhalten haben könnte[iii]. |
|||
Wiederum eine andere Erklärung findet man bei Alexandra Gajewskia und
Stefanie Seeberg, die die Figur als den oben genannten Reginar sehen.
Seine Darstellung zeige die „traditional humble attitude of worship
adopted by patrons on donor images“. Angesichts des feindseligen
Verhältnisses zwischen Reginar und Gerberga scheint es jedoch eher
unwahrscheinlich, dass Gerberga die Fahne im Auftrag Reginars gestickt
haben könnte. |
|||
Zu
welcher Deutung auch immer man neigt, so scheint die Stickerei auf der
Fahne Zeugnis eines konkreten historischen Ereignisses, das zwischen 955
und 957 stattgefunden hat, zu sein, so dass die Datierung einleuchtend
ist. Auf jeden Fall ist die Entstehung der Stickerei
auf den Zeitraum von 955 bis 968 zu begrenzen, da der gestickte
Text bemerkenswerterweise ausdrücklich die Herstellerin der Stickerei
angibt, wenn es heißt „Gerberga me fecit“. Die Stickerei ist in
Spaltstich und Goldstickerei
in Anlegetechnik ausgeführt[iv]. |
|||
|
|||
|
|||
|
|||
Für die Stickereien des 11. Jahrhunderts sollen hier insbesondere die
Textilien des Bamberger Domschatzes genannt werden. Es handelt sich
dabei um verschiedene Objekte, die Kaiser Heinrich II. (*973/978 + 1024,
Kaiser 1002-1024) und seiner Gemahlin Kunigunde (*975 +1033) als
Auftraggeber zugeschrieben werden und allesamt während der
Herrschaftszeit Heinrichs II. entstanden zu sein scheinen:
·
die Tunika Heinrichs II., die manchmal auch Tunika Kunigundes genannt
wird
·
der blaue Kunigundenmantel, der das älteste erhaltene liturgische Gewand
mit einem flächenfüllenden Bildprogramm ist
·
der Sternenmantel Heinrichs II.
·
der weiße Kunigundenmantel
·
das Rationale
Alle diese Funde sind hinsichtlich der Stickereien, des flächenfüllenden
Bildprogramms und dessen Bedeutung sowie der Veränderung der Textilien
durch die Jahrhunderte ausführlich beschrieben[v].
Erwähnenswert sind weiter die Stola und das Zingulum Papst Clemens II.,
der ebenfalls im Bamberger Dom bestattet wurde. Sie stammen von 1046/47[vi].
Die Stickereien auf den genannten Gewändern sind allesamt in
Goldstickerei in Anlegetechnik
und in Spaltstich gehalten. |
|||
|
|||
|
|||
Eine weltliche Stickerei, die – wie die Kriegsfahne der Gerberga – sich
auf ein konkretes historisches Ereignis bezieht, ist der berühmte
Teppich von Bayeux. Auf neun aneinandergenähten Leinenbahnen von ca. 50
cm Höhe wird auf einer Länge von über 70 m die Geschichte der Eroberung
Englands durch Wilhelm den Eroberer im Jahre 1066 dargestellt. In
zahlreichen Einzelszenen, die durch begleitende gestickte Texte
erläutert werden, wird die Entwicklung von der Entscheidung des
englischen Königs Edwards des Bekenners, den normannischen Herzog
Wilhelm, dessen straffe Organisation seines Herzogtums er bewunderte,
1064 zu seinem Nachfolger zu
ernennen, bis zu dessen Sieg
über seinen Mitbewerber Harold Godwinson in der Schlacht von
Hastings 1066 dargestellt. Die fortlaufende Darstellung wird oben und
unten von Randborten eingefasst, die Tiere, Pflanzen, Fabelszenen und
Fabeltiere und auch die Handlung kommentierende Szenen wie
landwirtschaftliche Tätigkeiten oder Einzelheiten einer Schlacht –
Verwundete, Tote, Plünderungen etc. - zeigen[vii].
Die Aufteilung der Stickerei
steht in der Tradition der Darstellung weltlicher Ereignisse in
der Kunst der Wikinger, wie Fragmente in den Funden eines
Wikingerschiffsgrabes in Oseberg aus dem 8. oder 9. Jahrhundert zeigen[viii]. |
|||
Im Gegensatz zu früheren Annahmen, die davon ausgingen, die Gemahlin
Wilhelms des Eroberers, Mathilde, habe den Teppich anfertigen lassen,
sieht die Forschung heute als Auftraggeber
Odo, Bischof
von Bayeux, der ein Halbbruder Wilhelms des Eroberers war. Von
1049 bis 1097 war er Bischof von Bayeux; nach der Eroberung Englands war
er bis 1088 auch Earl of Kent. „Diese Sichtweise wird gestützt durch die
Tatsache, dass Odo in vier Szenen der Stickerei und dreimal in den
Inschriften erwähnt wird […] und drei der neben den Hauptakteuren in den
Inschriften benannten Personen, Wadard, Vital und Turold, die in keiner
anderen zeitgenössischen Quelle der Schlacht bei Hastings genannt
werden, […] sich auf Odo
[beziehen][ix].
Folgt man dieser Zuordnung des Auftraggebers, so kann man die
Fertigstellung auf spätestens 1077 datieren, da anzunehmen ist, dass der
Bildteppich zur Einweihung des Doms von Bayeux präsentiert wurde. |
|||
Hinsichtlich des Ortes, an dem die Stickerei angefertigt wurde,
variieren die Annahmen je nach der Nationalität der Forscher. Während
französische Forscher einen französischen Ursprung annahmen, gingen
englische Forscher von der Herstellung in England aus. Mittlerweile geht
man allgemein von englischer Provenienz aus, wobei drei Gründe als die
wesentlichen genannt werden: „Zu dieser Zeit [gemeint: als Odo Graf von
Kent war] gab es eine angesehene Schule für Stickerei in Canterbury […]
und Stil und Technik des Teppichs deuten auf diese Schule hin. Außerdem
sind Details in einer Reihe von Motiven deutlich von Illustrationen in
angelsächsischen Handschriften aus dem 10. und 11. Jahrhundert
inspiriert“[x]
und orthographische Formen von Eigennamen in den lateinischen Texten
seien englisch geprägt[xi].
|
|||
Die Stickerei wurde mit Wollgarn in zehn Farben in Überfangarbeit
ausgeführt; Konturen und Buchstaben sind im Stielstich gestickt.
Aufgrund der detaillierten Darstellung von Schlachtereignissen geht man
davon aus, dass die Motive des gesamten Teppichs von einem einzelnen
Mann gezeichnet – nicht vorgezeichnet – wurden[xii].
Die Ausführung ist wahrscheinlich von Frauen übernommen wurden
dergestalt, dass mehrere Frauen gleichzeitig an der Stickerei
arbeiteten, worauf hindeutet, dass an einigen Stellen die Motive etwas
„gequetscht“ erscheinen, weil der Platz bereits von anderen
Stickerinnen, die an anderen Szenen arbeiteten, begrenzt worden war.
Zumal wäre es einer Einzelperson wohl nicht möglich gewesen, eine solch
umfangreiche Stickerei innerhalb von knapp elf Jahren fertigzustellen,
vorausgesetzt man folgt der Datierung der Fertigstellung auf 1077. |
Der sog. Bayeux-Stich |
||
|
|||
|
|
||
![]() |
![]() |
||
Darstellung von Tieren am oberen Rand und Darstellung von landwirtschaftlichen Tätigkeiten am unteren Rand |
Odo von Bayeux in der Schlacht von Hastings | ||
|
|||
|
|||
Der Teppich von Bayeux zeigt bereits die außergewöhnlich hochstehende
Qualität der englischen Stickerei, die dann ab dem 13. Jahrhundert unter
dem Namen opus anglicanum
bekannt und in ganz Europa geschätzt und begehrt wurde. Der Terminus
opus anglicanum ist wohl
nicht in England selbst entstanden, sondern stammt aus päpstlichen und
anderen europäischen Texten[xiii].
Nichtsdestotrotz bezeichnet der
Terminus die von ca. 1200-1350 dauernde Phase der „technical, artistic
and economic development of the medieval embroidery trade in England“[xiv] |
|||
Im Gegensatz zu der Wollstickerei des Teppichs von Bayeux ist
opus anglicanum eine
Stickerei mit Seiden-, Gold- und Silberfäden. „Typisch […] sind die
plastisch gestickten Gesichter und das markante, wallende Haar der
Figuren sowie die feine Schattierung der Kleidung“[xv]
der Figuren. Gestickt wurde mit
Seide im Spaltstich, wobei
die „einzelnen Reihen […] dabei so eng nebeneinander gestickt [wurden],
dass sie optisch miteinander verschmolzen.“[xvi]
Oft waren die Spaltstiche nur 2 mm klein, besonders in detailreichen
Teilen der Stickerei. Für die Schattierungen wurden drei oder mehr
Schattierungen einer Farbe benutzt, wobei die
Stickrichtung bedeutsam war für
die Erzeugung des fließenden Eindrucks. Metallfäden wurden
typischerweise für Heiligenscheine, Umrandungen und den Hintergrund,
manchmal auch für Kleidung, benutzt und dabei fast ausschließlich mit
versenkter Anlegetechnik verarbeitet. Zum einen schützt diese Technik
den Faden, zum anderen erzeugt die versenkte Anlegetechnik einen
„beweglichen“ Faden, wodurch die Stickerei fließend wird. Hintergründe
wurden oft so gestickt, dass sie ein geometrisches Muster ergaben.[xvii]
Die Lebendigkeit der Stickereien des
opus anglicanum führt dazu,
dass sie auch als „Nadelmalerei“ bezeichnet wurden. |
Versenkte Anlegetechnik |
||
|
|||
|
|
The Toledo Cope, 1320-30, England |
|
|
|||
|
|||
|
|||
Zu ungefähr derselben Zeit, als in England das
opus anglicanum seine
Blütezeit erlebte, findet man im deutschsprachigen Raum, vor allem im
nördlichen Deutschland eine erstaunliche Menge an Weißstickereien. Diese
scheinen so typisch für deutsche Stickereien ab dem 12. Jahrhundert[xviii]
zu
sein, dass sie als opus
teutonicum bezeichnet werden, wobei allerdings unklar ist, wann und
von wem sie mit diesem Begriff belegt wurden.[xix]
Weißstickerei, manchmal auch Leinenstickerei genannt, ist eine Stickerei
mit weißem Leinenfaden, seltener mit weißer Wolle, auf weißem
Stickgrund, in der Regel Leinen. In den Anfängen der Weißstickerei wurde
sehr sparsam ein farbiger Faden benutzt, um bestimmte besondere Teile
der Stickerei, z.B. Heiligenscheine, hervorzuheben. Ab der 2. Hälfte des
13. Jahrhunderts nahm der Gebrauch farbiger Seidenstickfäden zu.
Überwiegend wurden die Stickerei in Kettenstich, Gobelinstich,
Plattstich und Stielstich ausgeführt. Gelegentlich wurden Umrisslinien
auch im Knopflochstich gestickt und für den Hintergrund benutzte man
Filetstickerei.[xx]
Es
wird vermutet, dass die Weißstickerei in Deutschland deswegen sehr
verbreitet war, weil Flachs als Rohstoff im Land selbst angebaut werden
konnte und damit ein leicht erreichbarer Rohstoff war.[xxi] |
|||
Frühe Weißstickereien sind vor allem in der Form von Antependien und
Hungertüchern erhalten.[xxii]
Ab dem 14. Jahrhundert nehmen Weißstickereien mit weltlichen Motiven wie
Menschen, Tieren sowie heraldischen Elementen zu.[xxiii] |
|||
Als „das älteste […] und zugleich künstlerisch vollendeste Werk“[xxiv]
wird eine Altardecke aus Fulda angesehen, die auf die Zeit um 1180
datiert wird.[xxv]
Vermutlich ist sie „1945 zusammen mit unzähligen anderen textilen
Kunstwerken aus dem Besitz des Kunstgewerbemuseums an deren
hauptsächlichem Bergungsort, im Schloss Sophienhof in Mecklenburg,
verbrannt“[xxvi],
so dass auf die Falkes Beschreibung und einige erhaltene Fotos
zurückgegriffen werden muss, um Aussagen über die Stickerei zu treffen.
Auf feinem, regelmäßig gewebten Leinengrund wurden die Umrisse
mit doppeltem Kettenstich ausgeführt; die Flächen blieben bis auf eine
Gloriole am rechten Rand, die Heiligenscheine, Salbgefäße, Rosetten und
Tiere in den Eckmedallions frei. Letztere wurden im Klosterstich flächig
ausgestickt. Der Klosterstich wurde auch für die Inschrift verwendet.[xxvii] |
|||
|
|||
![]() |
|||
Fuldaer Altardecke, um 1180 |
|||
|
|||
Weißstickereien erweisen sich für die Absicht dieser Arbeit, die
Geschichte des Kreuzstichs zu untersuchen, als besonders interessant. Um
1260 wurde im Kloster Heiningen bei Wolfenbüttel ein Antependium
hergestellt, das Christus auf dem Erdkreis thronend, umgeben von Maria,
Johannes dem Täufer und den zwölf Aposteln zeigt. Der Stickgrund besteht
teilweise aus gebleichtem, teilweise aus ungebleichtem Leinen, wodurch
farbliche Unterschiede erzeugt werden. Bei den Ornamenten und der
Inschrift wurde der Kreuzstich in farbigem Seidengarn verwendet, während
für die restlichen Bildelemente die für die Weißstickerei üblichen
Sticktechniken zum Einsatz kamen.[xxviii] |
|||
|
|||
![]() Heininger Antependium, um 1260 |
![]() Heininger Antependium (Detail) |
||
B |
|||
|
|||
Uneinigkeit besteht in der Forschung über die Datierung eines
–allerdings farbigen – Antependiums, das zum Dom in Haberstadt
gehört(e). Das auf Halbseidenatlas bestickte Antependium ist hier
deswegen interessant, weil es gefüttert war und auf dem oberen Rand des
Futters mit grüner Seide eine Inschrift eingestickt war. Für diese
Inschrift wurde der Kreuzstich benutzt. Das Futter wird auf ca. 1300
oder die 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert, während die Stickerei
wohl sicher aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammt.[xxix] |
|||
|
|||
Aus dem Prämonstratensierinnenkloster Altenberg an der Lahn sind vier
Altartücher in Weißstickerei erhalten, von denen zwei aus dem 13.
Jahrhundert und zwei aus dem 14. Jahrhundert stammen.[xxx]
Darstellungen der Stücke einschließlich einer detaillierten Beschreibung
der verwendeten Sticktechniken sind nur schwer zu finden. Es sieht
jedoch so aus, als ob das im Cleveland Museum befindliche Altartuch von
ca. 1350 teilweise im Kreuzstich bestickt worden sei, und zwar die
umlaufende Zick-Zack-Borte sowie die bogenförmigen Umrahmungen der
figürlichen bzw. tierischen Elemente. |
|||
|
|||
![]() |
|||
Altartuch Altenberg/Lahn, um 1350 |
|||
|
|||
Aus dem Kloster Lüne stammt ein Hungertuch, dessen Entstehung auf den
Anfang des 14. Jahrhunderts datiert wird. Das Tuch weist an etlichen
Stellen Beschädigungen auf, die durch die beim
Gebrauch entstehende Spannung erklärt werden können. Sie sind
teilweise ausgebessert worden, wobei auffällt, dass Löcher über dem
rechten Fuß bzw. Bein und unter dem linken Arm der vierten Figur von
rechts im unteren Teil des Tuches durch Übersticken mit Kreuzstich
ausgebessert worden sind.[xxxi]
Die Frage, warum man nicht versuchte, die Löcher mit originalgetreuer
Sticktechnik auszubessern, muss leider unbeantwortet bleiben. |
|||
|
|||
![]() Hungertuch aus dem Kloster Lüne, 1. Hälfte des 14. Jhs. |
|||
|
|||
|
|||
Außer Antependien, Altartüchern und Fasten- bzw. Hungertüchern waren
auch Lesepulttücher eine häufige Erscheinung in mittelalterlichen
Klöstern und Kirchen, dienten sie doch alle dazu, durch die bildliche
Darstellung biblische Inhalte, Heiligenlegenden usw. einprägsam
vorzustellen. Im späten 14. Jahrhundert wurde für die Wiesenkirche (St.
Maria zur Wiese) in Soest eine Lesepultdecke angefertigt[xxxii],
deren Ähnlichkeit mit der Weißstickerei auffallend ist. „Auf einen
grauen Leinengrund sind mit weißem Leinengarn in unterschiedlichen
Sticharten flächendeckend Ornamente und figürliche Darstellungen
aufgestickt worden.“[xxxiii]
Zu den verwendeten Sticktechniken gehört der Kreuzstich, der für die
Randborten, inneren Borten und einige Ornamente benutzt wurde. |
|||
|
|||
![]() Lesepultdecke aus Maria zur Wiese, Soest, 2. Hälfte des 14. Jhs. |
|||
|
|||
|
|||
Wenn auch der Kreuzstich in der
Weißstickerei nicht der überwiegend gebrauchte Stich ist, so ist
doch festzustellen, dass er bekannt war und gebraucht wurde. Es erhebt
sich die Frage, ob es vor dem 12. Jahrhundert Stickereien im Kreuzstich
gegeben hat. Weiter ist es von Interesse, ab wann und auf welche Weise
der Kreuzstich zu der Sticktechnik geworden ist, die gegenwärtig als die
Sticktechnik schlechthin betrachtet wird. Um diese Fragen zu klären, ist
es nötig zu untersuchen, ob die vorhandenen textilen Überreste mit
Stickereien repräsentativ sind oder nicht. Dabei kann es durchaus
hilfreich sein einzubeziehen, wer Stickereien selbst herstellte bzw. in
Auftrag gab sowie wer Aufträge für Stickereien ausführte. Diesen Fragen
soll in nächsten „Kapitel“ in einem Exkurs nachgegangen werden. |
[i] Vgl. Matthias Puhle, Claus-Peter
Hasse (Hrsg.), Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962 bis 1806.
Von Otto dem Großen bis zum Ausgang des Mittelalters, Dresden 2006, S.
46 und Kristin Böse, Spürbar und unvergänglich: Zur Visualität,
Ikonologie und Medialität von Textilien und textilen Reliquiaren im
mittelalterlichen Reliquienkult.- In: Marburger Jahrbuch für
Kunstwissenschaft, 33. Bd. (2006), S. 10
[ii] Vgl. Kristin Böse, ebda.
[iii] Vgl.
Fraser McNair, The Kriegsfahne
of Queen Gerberga and the Liudolfing Ascendancy in the West.-
In:
[iv] Vgl. Matthias Puhle, Claus-Peter
Hasse (Hrsg.), a.a.O., S. 46
[v]
https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-CMS-0000000000006531?lang=de,
https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-CMS-0000000000006532?lang=de
https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-CMS-0000000000006536?lang=de
Der weiße Kunigundenmantel | bavarikon
Der Rechteckmantel Heinrichs II - Tribur.de
Hauptschauseite des Bamberger Rationale, Gesamtansicht | bavarikon
[vi] Stella Ott, Textilfunde in
Grüften des Bamberger Doms.- In: Nelo Lohwasser, Rainer Schreg (Hg.),
Kleine Funde, große Geschichten. Archäologische Funde aus dem Bamberger
Dom. Begleitheft zur Ausstellung im Historischen Museum Bamberg, Bamberg
2021, S. 98 f.
[vii] Unter
Explore the Bayeux Tapestry online - Bayeux Museum findet man eine
Darstellung der Stickerei Szene für Szene.
[viii] Vgl. Elfriede Novak, „Der
Teppich von Bayeux“: Ein
Dokument textiler Erzählkunst und anglonormannischer Propaganda“, Wien
2012S. 51
[ix] Elfriede Novak, a.a.O., S. 40
[x] Mogens Rud, Der Teppich von
Bayeux und die Schlacht bei Hastings 1066, 2. Aufl. Kopenhagen 2008, S.
10
[xi] Mogens Rud, a.a.O., S. 11
[xii] Ebda.
[xiii] M.A. Michael, Creating
Cultural Identity: Opus Anglicanum and its Place in the History of
English Medieval Art.- In: Journal oft he British Archeological
Asscociation 170 (2017), S. 30
[xiv]
https://www.vam.ac.uk/articles/about-opus-anglicanum [abgerufen am
3.5.2023]
[xv]
https://mittelalter.tirol/blog/post/lebendige-stiche-learning-englisch-work
[abgerufen am 3.5.2023]
[xvi] Ebda.
[xvii] Vgl.
http://sidneyeileen.com/artisan-works/embroidery-articles-and-tutorials/basics-of-opus-anglicanum-embroidery/
[abgerufen am 2.5.2023]
[xviii] Vgl. Marianne Stradal, Ulrike
Brommer, Mit Nadel und Faden. Kulturgeschichte der klassischen
Handarbeiten, Freiburg 1990, S. 34
[xix] In einem Verzeichnis der
Schenkungen Papst Bonifaz VIII., dessen Pontifikat von 1294-1303
dauerte, heißt es noch „Item 20 tobalias, tam sericeas, quam operis
Alemannici“, vgl. Moriz Dreger, Künstlerische Entwicklung der Weberei
und Stickerei innerhalb des europäischen Kulturkreises von der
Spätantike bis zum Beginn des XIX. Jahrhunderts mit Ausschluss der
Volkskunst, Wien 1904, S. 208. Die Unterscheidung zwischen
Seidenarbeiten und deutschen Arbeiten macht aber zumindest deutlich,
dass Weißstickerei als typisch deutsche Stickerei gesehen wurde.
[xx] Vgl.
https://trc-leiden.nl/trc-needles/regional-traditions/europe-and-north-america/embroideries/opus-teutonicum
[abgerufen am 11.5.2023],
https://medieval.webcon.net.au/technique_opus_teutonicum.html
[abgerufen am 11.5.2023]
[xxi] Otto V. Falke, Eine Romanische
Altardecke im Kunstgewerbemuseum, Berliner Museen, 42. Jahrg., H. 7./8.,
(1921), S. 71-76, S. 71
[xxii] Vgl. ebda.
[xxiii] Vgl. .
https://trc-leiden.nl/trc-needles/regional-traditions/europe-and-north-america/embroideries/opus-teutonicum
[abgerufen am 11.5.2023],
https://medieval.webcon.net.au/technique_opus_teutonicum.html
[abgerufen am 11.5.2023]
[xxiv] Otto V. Falke, a.a.O., S. 75
[xxv] Vgl. Otto V. Falke, a.a.O., S.
71; zur Auseinandersetzung um die Datierung vgl. Lothar Lambacher ,
Inkunabeln des Opus teutonicum. Die verlorenen romanischen
Weißstickereien des Berliner Kunstgewerbemuseums.- In: Altes und Neues –
Vom Museum in den Landtag. Festschrift für Volker Schimpff zum
sechzigsten Geburtstag, Herausgegeben von Hans-Jürgen Beier und Thomas
Weber, Langenweissbach 2014, S. 107–131 (=Beiträge zur Ur- und
Frühgeschichte Mitteleuropas
76), S. 113 f.
[xxvi] Lothar Lambacher , a.a.O., S.
108
[xxvii] Vgl. Lothar Lambacher,
a.a.O., S. 109
[xxviii] Vgl. Marianne Stradel,
Ulrike Brommer, a.a.O., S. 31
[xxix] Vgl.
https://www.inschriften.net/halberstadt-dom/inschrift/nr/di075-0032.html?tx_hisodat_sources%5Baction%5D=show&tx_hisodat_sources%5Bcontroller%5D=Sources&cHash=073bdf1422fc435a802ca9aea456f2a5
[abgerufen am 9.5.2023)
[xxx] Stefanie Seeberg, Women as
Markers of Church Decoration: Illustrated Textiles at the Monasteries of
Altenberg/Lahn, Rupertsberg and Heiningen (13th-14th C.).- In: Therese
Martin, Reassessing the Roles of Women as ‘Makers’ of Medieval Art and
Architecture, Leiden 2012,
S. 357
[xxxi] Inschriften: St.
Michaeliskloster und Kloster Lüne bis 1550.
Deutsche Inschriften Online: Inschriften [abgerufen am 9.5.2023]
[xxxii] Memminger, Die Kunstdenkmäler
des Kreises Soest, Essen 1881, S. 13
[xxxiii] Susan Marti, Geflecht aus
Text und Bild – vorläufige Überlegungen zu einer Leinenstickerei aus der
Soester Wiesenkirche.- In:
Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Heimatpflege Soest,
herausgegeben von Norbert Wex unter Mitarbeit von Dirk Elbert, Gerhard
Köhn und Ulrich Löer, Heft 121 (2009) S. 61